Ich habe versucht, mehr darüber herauszufinden, wie mein Lieblingsgetränk – Kaffee – in meiner Tasse landet. In den letzten Wochen habe ich viel über Kaffeeanbau, -röstung und -verkauf gelernt.
Wenn ich morgens an meinem Kaffee nippe, beginne ich darüber nachzudenken, woher dieser Kaffee kommt. Damit meine ich nicht nur das Land oder die Region, in der der Kaffee angebaut wird. Meine Reise führt mich weiter in die Vergangenheit – in die Kolonialgeschichte des weltweiten Kaffeehandels.
Allein in Europa trinken wir täglich mehr als 700 Millionen Tassen Kaffee. Aber wie kam Kaffee überhaupt nach Europa? Was sind die Verbindungen zwischen Kaffee und Kolonialismus? Und wie sind die Auswirkungen des Kolonialismus immer noch im Kaffee, welchen wir heute trinken, sichtbar?
Wo alles begann
Es stellt sich heraus, dass ich nicht die einzige bin, die glaubt, dass Kaffee magische Kräfte hat. Kaffee ist eine einheimische Pflanze im tropischen Afrika. Sie wurde in Äthiopien entdeckt, wo sie aufgrund ihrer energetisierenden Wirkung zum Gegenstand mehrerer Mythen und Legenden wurde. Vor rund 500 Jahren wurde erstmals Kaffee in den Jemen transportiert. Es wurde als religiöse Substanz angesehen und war ein wichtiger Exportartikel im gesamten Osmanischen Reich.
Kaffee – und die Gerüchte um seine besonderen Kräfte – gelangten im 17. Jahrhundert immer weiter nach Europa. Europäische Kolonisatoren wollten die „exotischen“ Speisen und Getränke fremder Länder in den Westen einführen. Das erste Kaffeehaus außerhalb des Osmanischen Reiches wurde 1645 in Venedig eröffnet. Einige Priester in Italien waren sehr misstrauisch und wollten Kaffee verbieten – doch der Papst probierte selbst und gab seine Zustimmung zur Verbreitung. Wie also wurde Kaffee von einem mysteriösen Schatz zu einem der meistgehandelten Produkte der Welt?
Kaffee und Kolonialismus
Kolonialismus ist definiert als die Praxis der Herrschaft einer Macht über andere Völker oder Länder. Eine Nation kolonisiert eine andere, indem sie Land und Leute erobert und ausbeutet. Die kolonisierende Macht zwingt den kolonisierten Menschen oft ihre Sprache und Kultur auf. Der moderne Kolonialismus begann im 15. Jahrhundert, als europäische Länder anfingen, nach neuen Handelsrouten und Zivilisationen außerhalb Europas zu suchen.
Ab den 1880er Jahren begannen europäische Kolonisatoren, Kolonien in afrikanischen Ländern zu gründen, um die begehrten und profitablen natürlichen Ressourcen auszubeuten. Die Entkolonialisierung afrikanischer Länder begann um 1914 und dauerte bis 1975. Der Kolonialismus hat eine Spur wirtschaftlicher Instabilität und Menschenrechtsverletzungen hinterlassen.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts begannen die Kolonialmächte in Großbritannien, Spanien, Portugal, Frankreich und den Niederlanden zu erkennen, dass Kaffee äußerst profitabel war. Die Nachfrage nach Kaffee wuchs schnell. Die Kolonisatoren nahmen Kaffeesamen aus den Ursprungsländern in Afrika und pflanzten sie in ihren Kolonien an. In warmen Ländern auf der ganzen Welt gediehen Kaffeepflanzen. Kaffee wurde von den Besatzern in ganz Europa, Asien und dem Nahen Osten gehandelt, bevor er nach Südamerika gebracht wurde.
Als sich das Kaffeefieber auf der ganzen Welt ausbreitete, brauchten die Kolonialmächte mehr ArbeiterInnen, um in ihren Kolonien Kaffee anzubauen, zu ernten und zu verarbeiten. Kolonisatoren importierten SklavInnen aus afrikanischen Ländern, um auf Plantagen in der Karibik und Südamerika zu arbeiten.
Cup of Java?
Als der Kaffeehandel in Haiti und in der gesamten Karibik zu sinken begann, wurde die von den Niederlanden kontrollierte Kolonie Java in Indonesien zu einer bedeutenden Kaffeeproduzentin. Daher kommt auch der englische Spitzname für eine Tasse heißen Kaffee – Java.
Der erste Kaffeestrauch in Brasilien wurde 1727 im Bundesstaat Pará am Amazonas gepflanzt. Die Nachfrage nach Kaffee wuchs im 19. Jahrhundert weiter. KaffeeproduzentInnen pflanzten neue Bäume und rodeten Gebiete im Amazonas-Regenwald. Heute ist Brasilien das größte Kaffee produzierende Land der Welt.
Kaffeeplantagen waren auf Sklavenarbeit angewiesen. Die Zustände waren furchtbar. Viele SklavInnen starben an Überarbeitung oder Hunger. Einige wurden von ihren weißen europäischen Herrschern missbraucht und sogar getötet. Die Sklaverei wurde in Brasilien erst 1888 für illegal erklärt. Während der Sklavenhandel des 19. Jahrhunderts nicht mehr existiert, hat das Erbe von Gewalt und Ungleichheit seine Spuren auf dem modernen Kaffeemarkt hinterlassen.
Koloniales Erbe
Das Vermächtnis des Kolonialismus in der Art und Weise, wie Kaffee heute verkauft und gekauft wird, ist schwer zu ignorieren. Die Mainstream-Kaffeeindustrie wird von einer Handvoll mächtiger internationaler Konzerne kontrolliert. Sie machen massive Gewinne, indem sie Kaffee von geringer Qualität verkaufen und den Anteil der ProduzentInnen minimieren. KaffeeproduzentInnen in Entwicklungsländern sind extrem gefährdet. Wie ich bei einem genaueren Blick auf die Art und Weise, wie Kaffee gehandelt wird, gelernt habe, können ZwischenhändlerInnen in der Kaffeelieferkette beeinflussen, wie viel LandwirtInnen und RösterInnen verdienen.
Obwohl Kaffee aus dem tropischen Afrika stammte, blieben viele ehemalige Kolonien in Afrika nach dem Ende der europäischen Besatzung mit großen infrastrukturellen und wirtschaftlichen Problemen zurück. Millionen von Menschen in Kaffee produzierenden Gemeinschaften in Afrika, Asien und Amerika leben verarmt und sind auf finanzielle Hilfe angewiesen. Die Kluft zwischen Exporttätigen, FarmbesitzerInnen und ArbeiterInnen wächst weiter.
Mit kolonialen Traditionen brechen
Meine Tasse ist gefüllt mit vielen Jahren zweifelhafter Geschichte. Ich wollte meine Kauf- und Trinkgewohnheiten ändern. Deshalb setze ich mich in mehrfacher Hinsicht dafür ein, herauszufinden, woher mein Kaffee kommt. Meine Reise in die Welt des Kaffees war faszinierend. Manchmal war ich schockiert. Aber es reicht nicht aus, sich nur die ausbeuterische Geschichte der Kaffeeindustrie ins Bewusstsein zu rufen. Ich möchte wissen, wie der Kaffee, den ich kaufe, aktiv zum Besseren beiträgt.
Der transparente, direkte Ansatz von Coffee Annan zum Handel mit Kaffee produzierenden Gemeinschaften ist ein wichtiger Schritt weg vom ausbeuterischen Erbe des Kolonialismus in der Kaffeeindustrie hinzu nachhaltigen Kaffee. Durch den direkten Kauf von Kaffee von landwirtschaftlichen Kooperativen in Äthiopien, dem Geburtsort des Kaffees, sowie in Uganda, Ruanda und Tansania baut Coffee Annan langfristige persönliche Beziehungen zu ProduzentInnen und RösterInnen auf.
Coffee Annan
Wir bei Coffee Annan glauben, dass KaffeeproduzentInnen genug verdienen sollten, um eine würdige Lebensqualität für sich und ihre Familien zu gewährleisten. Durch direkte Kommunikation und direkten Handel arbeiten wir daran, Hierarchien abzubauen und ein Vertrauensverhältnis zu ProduzentInnen und RösterInnen aufzubauen. Unser Engagement für den direkten Handel und das Rösten im Ursprungsland zielt darauf ab, Entwicklungsgemeinschaften zu stärken.
Die problematischen Wurzeln des Kaffeehandels anzuerkennen, ist der erste Schritt, um zu verstehen, wie wir uns in eine gerechtere Zukunft bewegen können. Aber wie unternehmen wir die nächsten Schritte im Prozess des Kaufs und Verkaufs von nachhaltigem, authentischem und ethischem Kaffee? Wie sieht eine gerechtere Zukunft aus?
Um koloniale Muster langfristig zu durchbrechen, bedarf es langfristiger Nachhaltigkeitsstrategien. Diese Strategien gehen Hand in Hand mit Hindernissen, die es zu überwinden gilt. Ansätze zum Rösten von Kaffee am Ursprungsort und zum direkten Handel erfordern eine vollständige Umgestaltung der breiteren Wirtschaftslandschaft in den Ländern Afrikas. Das bedeutet, Veränderungen auf allen Ebenen zu bewirken.
Ich weiß, dass noch viel zu tun ist. Aufstrebende Gemeinschaften müssen Zugang zu neuen Maschinen haben, um die Nachfrage nach authentischem Spezialitätenkaffee zu befriedigen. Die Unternehmen, welche in den Herkunftsländern Etiketten drucken und Kaffee verpacken, müssen national und international unterstützt werden. Es müssen neue Kommunikationswege eingeführt werden, die Innovationen und eine wirksame Qualitätskontrolle ermöglichen.
Es ist frustrierend, keine konkreten Antworten darauf zu haben, wie oder wann eine bessere Zukunft in der Kaffeewelt eintreten wird. Meine Reise in die Vergangenheit und Gegenwart des Kaffees hat mir jedoch gezeigt, dass eine langfristige, nachhaltige Zusammenarbeit mit Entwicklungsgemeinschaften sicherlich der richtige Ausgangspunkt ist. Der Weg zu einer gerechteren Welt bedeutet, gemeinsam eine neue Kaffeekultur zu fördern und zu etablieren.
Quellen
Erin Blakemore, ‘What is colonialism?’ National Geographic, 19 Feb 2019.
Mark Pendergrast, Uncommon Grounds: The History of Coffee and How it Transformed Our World. New York: Basic Books (2019)